Leder-oder-vegan-Zigarettenetui-beitrag

Warum Kunstleder bei unseren Zigarettenetuis?

Oder: Das “richtige” Material.

Ein zentraler Punkt in der Konzeption des FlapCase Zigarettenetuis war die Entscheidung für das überwiegend verwendete Material, also die Frage: Leder oder Kunstleder.

Eindimensionale Argumente für die jeweils eine (Naturprodukt, durch Fleischkonsum ohnehin vorhanden, „echt“), oder gegen die andere Richtung (Tierschutz, Petrochemie, nicht „biologisch“, “falsch”, “faux”) erwiesen sich bei näherer Untersuchung als bedingt richtig, oft irreführend, wenn nicht falsch.

Leder oder Kunstleder:

  1. Leder: Ein “Abfallprodukt”?
  2. Gerberei – Produktion
  3. Nachbehandlung
  4. Effizienz
  5. Gesundheit
  6. Leben und Umwelt

Leder:

1. Ein „Abfallprodukt“ der Tierverarbeitung?

Im Gegenteil: Für die Fleischindustrie ist der Verkauf von Nebenprodukten, wie eben Leder, eine wesentliche Einnahmequelle.

Lederhäute, also Tiere, werden somit genauso mit Absicht produziert, wie Fleisch. Viel Leder = Viel Fleisch und umgekehrt. Leder ist kein Abfallprodukt, sondern die Folge von ungezügeltem Fleischkonsum.

2. Gerberei – Produktion

Bei der Gerbung wird die leicht verderbliche Tierhaut in ein chemisch stabileres, dauerhafteres Produkt verwandelt. Das geschieht im wesentlichen auf zwei Arten:

a. Pflanzliche Gerberei mit Stoffen aus Baumrinden oder Hölzern.

b. Mineralische Gerbung mit Metallsalzen (z.B. den mittlerweile verpönten Aluminiumsalzen für Deos).

Bei der Gerbung werden stets enorme Mengen an Wasser und problematischer Chemikalien verbraucht. Letztere sind z.T. nicht nur bedenklich, sondern hochgiftig.

3. Nachbehandlung

Bei der anschließenden Beschichtung (Lederzurichtung) werden synthetische Harze wie Acrylate und Polyurethane eingesetzt. Bei der Nachbehandlung werden erhebliche Mengen an erdölbasierenden Chemikalien verbraucht, was die Natürlichkeit von Leder stark relativiert.

4. Effizienz

Egal wie groß das Tier ist – der Verschnitt, also unrettbare Abfall, ist immer um ein Vielfaches größer, als bei einer Rollenware.

5. Gesundheit

Ein Zigarettenetui wird in den seltensten Fällen direkt auf der Haut getragen, insofern wäre dieser Punkt vernachlässigbar. Dennoch sollte erwähnt werden, das die teils hochgiftigen Zutaten der Gerberei im Leder nicht dauerhaft gebunden sind, sondern an Umwelt und Haut abgesondert werden. Zahlreiche Produktrückrufe untermauern dieses Problem.

6. Leben und Umwelt

Tiere, denen unter z.T. bestialischen Umständen die Haut ohne unzureichende Betäubung abgezogen wird, fragen wir besser nicht, was sie von „Echtleder“ halten.

Menschen in Schwellenländern, die sechs Tage die Woche zwölf Stunden lang ohne Schutzbekleidung in den Gerbbecken stehen und weit unter der durchschnittlichen Lebenserwartung sterben, bilden die Basis für Massen an billigsten Lederprodukten.

Umwelt: Auch mitten in Europa gibt es Flüsse, deren natürliches Ökosystem durch Ledererzeugung stark geschädigt ist (“Schäumende Raab“, Grenzfluss Österreich Ungarn).

Die Entsorgung von Altleder birgt Probleme, da diese nicht ohne weiteres umweltverträglich vernichtet werden können. Bei der Verbrennung wird je nach Lederart z.B. Dioxin freigesetzt.

KUNSTLEDER:

Erdöl als begrenzte Ressource und dessen Produkte sind stets kritisch zu betrachten. Petrochemie wird in fast unzählbar vielen Bereichen eingesetzt. Viele davon sind stand heutigen Wissens überholt und sollten bald von Alternativen abgelöst werden.

1. Abfallprodukt

Kunstleder ist kein Abfallprodukt anderer Industrien und kann wirtschaftlich vertretbar, im Gegensatz zu Leder, nur in hochmaschinellen Fertigungsstrecken hergestellt werden. Produktion in Hinterhöfen ist quasi ausgeschlossen. Organische, bzw. tierische Bestandteile spielen dabei keine nennenswerte Rolle.

2. Gerberei – Produktion

Kunstleder muss und kann nicht gegerbt werden. Bei der Produktion von Kunstleder wird ein meist textiler Träger mit Kunststoffen, wie Polyvinylchlorid oder Polyurethan, dauerhaft verbunden.

Polyvinylchlorid (PVC) ist extrem haltbar, alterungs- und seewasserbeständig und UV-stabil. Die Entsorgung in Deponien ist problematisch, da eine Zersetzung durch Mikroorganismen oder chemischen Verfall nicht vorhersehbar ist. PVC nimmt einerseits viel Platz ein, schädigt andererseits durch seine Stabilität weder Wasser noch Luft. Die in Weich-PVC enthaltenen Inhaltsstoffe (Weichmacher) können in nachweisbaren Mengen entweichen und das Grundwasser belasten.

Modernes PVC ist zu fast 100%recycelbar. Abgesehen davongehören Kunststoffe niemals auf eine Deponie, sondern eignen sich immer für eine Weiterverwendung, sei es als wiederholt verwertbarer Thermoplast oder Energieträger.

3. Nachbehandlung

Entfällt.

4. Effizienz

Egal wie groß das Tier ist – der Verschnitt, also unrettbare Abfall, ist immer um ein Vielfaches größer, als bei einer Rollenware (s.o.).

5. Gesundheit

Ein Zigarettenetui wird in den seltensten Fällen direkt auf der Haut getragen, insofern wäre dieser Punkt vernachlässigbar (s.o.). Die enthaltenen Weichmacher sind aber problematisch, abhängig vom Einsatzbereich. Da längerer Kontakt zu Haut und speziell Schleimhäuten in der Regel nicht vorkommt, ist die Gefahr von Effekten im Hormonhaushalt jedoch minimal. Jeder z.B. Elektriker kommt tagtäglich mit mehr Kunststoff in Form von Kabeln Berührung.

6. Leben und Umwelt

FlapCase N°1 verwendet Kunstleder auf Erdölbasis. Warum? Bei näherer Betrachtung weist dieses Material einige, teilweise schwerwiegende Vorteile gegenüber “Echtleder” auf. Analog zu den bereits oben angeführten Punkten der für uns wichtigste zuerst: Kein Tier muss geschlachtet werden, um Material für unser Produkt zu liefern. Leder ist kein Abfallprodukt!

Unserer Einschätzung nach benötigt „Echtleder“, also die Aufzucht, der Verbrauch an Grünflächen, die Mengen an Methangas z.B. bei der Rinderhaltung unterm Strich mehr Ressourcen (nicht nur Erdöl) und birgt mehr problematische Bereiche, als Kunstleder. Das beginnt bei der Produktion und endet bei der Entsorgung.

Weitere gravierende Punkte:

  • Effizienz in Herstellung und Verarbeitung (Endlosmaterial)
  • Menschenunwürdige Bedingungen bei der Ledererzeugung, die bei industrieller Produktion von Kunstleder systembedingt wegfallen (Spezialisten statt billigster Arbeitskräfte, Kinderarbeit)
  • Keine Notwendigkeit von Nachbehandlung
  • Hohe chemische Stabilität, die Pflege und Erhaltung vereinfachen
  • Wasserfestigkeit und Wasserdichtheit

Kunststoffe, richtig konzipiert, richtig produziert, richtig angewandt, richtig entsorgt und richtig recycled, übertreffen in ihrer Nachhaltigkeit sog. natürliche Werkstoffe oft bei weitem.

Zitat Wikipedia: „Die Frage, ob Leder oder Kunstleder nachhaltiger ist, ist daher schwierig zu entscheiden.“

Was aber bei Kunstleder definitiv wegfällt, ist die Verwendung der industriellen Ressource Tier, die wir aus ethischen, aber vor allen empathischen Argumenten nicht hinnehmen wollen.

Wenn Sie bei Ihrem nächsten Einkauf auf ein Produkt stossen, dass sich gar nicht wie „gutes, echtes“ Leder anfühlt, Ihnen extrem preisgünstig erscheint und dennoch Echtleder ist, können Sie davon ausgehen, dass dieses Produkt unter den widrigsten, oft abscheulichsten Umständen hergestellt wurde: Jeden Verstand verachtende Qualen für Tiere und rücksichtslose Ausbeutung von Mensch und Umwelt.

Darum Kunstleder.

p.s.: Wir untersuchen viele alternativen Materialien, auf z.B. pflanzlicher Basis, hinsichtlich Strapaz- und Dauerhaftigkeit, Pflege und vielen anderen Aspekten. Die Geschichte vom Material ist also noch lange nicht zu Ende. Mehr davon in folgenden Editionen vom FlapCase N°1 Zigarettenetui.